Editorial

Tipp 104:
Laemmli-Rezeptur - Tipps - fürs Leben

Das Echo auf die Frage des Monats in Heft 12/2005 war enorm. Sie erinnern sich: Ein Leser aus Hannover suchte verzweifelt nach der originalen Laemmli-Rezeptur. Nachfolgend einige ausgewählte Reaktionen.

Der Hilferuf des Hannoveraners Bernd Kappersberg ließ etlichen Lesern auch über die Feiertage keine Ruhe. Mail auf Mail, mit einer genauen Auflistung der Laemmli-Ingridenzien landete, kaum hatte das neue Jahr begonnen, in der Postbox der Laborjournal-Redaktion. Viele schickten das Original-Paper als PDF-File gleich mit (siehe Abbildung in der Seitenmitte).

Einige Leserbriefschreiber fragten sich aber auch, ob Diplomanden und Doktoranden in Zeiten des Internets noch wissen, was eine Bibliothek ist...


Doch lesen Sie selbst.

Antwort 1: Das Rezept

"Liebe Redaktion, hier das gewünschte Rezept (Endkonzentration):

  • 62.5 mm tris ph 6,8
  • 2 % sds
  • 10 % glycerol
  • 5 % 2-mercaptoethanol
  • 0,001 % bromphenolblau
im anhang finden sie auch das originalpaper. viel glück damit wünscht"

carolin koerner
max-planck-institut für
molekulare physiologie, dortmund


Antwort 2: Mit Subito probieren

"Liebe Redaktion, anbei finden Sie eine Kopie des Laemmli-Artikels von 1970. In der Legende von Fig. 1 findet man das Rezept für den Probenpuffer. Ich hoffe, ich kann damit Herrn Kappersberg weiterhelfen.

Eine kleine Info, die Sie ihm noch geben könnten: Ältere Papers, die man nicht direkt online findet, kann man bei Subito (www.subito-doc.de) bestellen. Der Service ist sehr schnell und nicht teuer (4 Euro für 1 bis 20 Seiten mit Lieferung per Mail). Mit freundlichen Grüßen"

Viviana Menzel
Zentrum für Dermatologie und Andrologie
Reproduktionsbiochemie, Universität Giessen


Antwort 3: Das (bessere?) Alternativrezept

"Verehrte Redaktion, so, so, die Orginalvorschrift der Lämmli-Methode ist gefragt. Ich glaube, ich habe daheim noch eine Kopie dieses Kochrezepts. Werde am Wochenende mal über die Hühnerleiter auf den Dachboden kriechen und dort in meinen uralten Unterlagen suchen. Wie gut, dass man alles aufhebt. Es leben die Messies! Ich hoffe nur, dass der Karton, in welchem dieses Paper sein könnte, zwischen Malerutensilien, ausrangierten Kinderbett-Gestellen und unter der Schicht aus heruntergebröseltem Dachziegelstaub und Spinnweben zu finden ist.

Aber (zer-)kochen tatsächlich noch ganze Heerscharen ihre Proteine nach dieser Methode? Vor geraumer Zeit schon schreckte mich unser Star-Biochemiker mit der Horrormeldung auf, dass der pH-Wert des bei Zimmertemperatur nahezu neutralen Tris-HCl bei 100 °C in den stark sauren Bereich drifte und dann die Gefahr einer ungewollten sauren Hydrolyse der Proteine bestünde.

Derart drastisch von meiner langjährigen Betriebsblindheit geheilt, inkubiere ich meine Proben jetzt nach einer von dem Kollegen vorgeschlagenen Pseudo-Lämmli-Methode, die 100 mM Na-Phosphat pH 7,5 (anstelle von Tris-HCl pH 6,8) enthält."

Mit freundlichen Grüßen
J. Lubnieniecki.
Max-Planck-Institut für Biochemie
Abteilung Molekulare Strukturbiologie, Martinsried


Antwort 4: Auf, in die Bibliothek!

"Liebe Laborjournal-Redaktion,
ich habe gerade in der Mittagspause das neue Laborjournal durchgeblättert und bin dabei auf die Frage von Herrn Kappersberg gestoßen. Mir ist nicht bekannt, wie alt der Kollege ist, aber bis vor einigen Jahren (der Prä-Internet-Ära) wurden Studierende auf die Existenz von Hochschulbibliotheken hingewiesen.

Die schnellste Lösung des Problems scheint mir daher, den Computer auszuschalten, die Jacke anzuziehen und sich entweder in die Bibliothek der MH Hannover oder in die TIB Hannover zu begeben (eine einminütige Subito-Recherche ergab, dass der Nature-Bestand dort seit 1960 bzw.1919 vorliegt), das entsprechende Regal aufzusuchen, den passenden Band zu entnehmen, und die gewünschten Seiten zu kopieren. Mit freundlichen Grüßen aus Münster, Ihr "

Michael Mormann
Institut für Medizinische Physik und Biophysik
Universität Münster


Antwort 5: "Wissenschaft heißt miteinander reden"

"Liebe Redaktion, Laborjournal habe ich schon verschiedentlich gelobt, aber über die "Frage des Monats" im aktuellen Heft habe ich mich geärgert: "Wie ging sie nochmal, die Lämmli-Rezeptur?"

Wissenschaft heißt miteinander reden! – sagt ein bekanntes Poster aus Heidelberg. Gemeint ist da natürlich in erster Linie: Reden über seltsame Banden auf Autoradiographien, die man sich nicht erklären kann; über das, was einen selbst und andere wissenschaftlich bewegt; die Frage an einen Kollegen oder eine Kollegin in der Caferetia "Was machst Du denn eigentlich so?"

Auch die Frage "Welchen Probenpuffer hat dieser Lämmli eigentlich in seiner Orignalarbeit verwendet?" ist an sich ganz in diesem Sinne. Wenn diese Frage allerdings von Laborjournal in der Form "Wer kann das PDF oder eine Kopie dieses Papers besorgen?" an eine große Wissenschaftlergemeinde durchgereicht wird, dann halte ich das schon für ziemlich frech. Soll ich vielleicht auch noch das Eppendorfgefäß für Herrn Kappersberg halten, weil er sich offenbar zu schade ist, eine Bibliothek aufzusuchen, die Nature-Hefte aus dem Jahr 1970 vorhält? Weiß er nicht mehr, was eine Bibliothek ist? Das betreffende Paper kann zudem als PDF von der Nature-Website heruntergeladen werden. Entweder muß Herr Kappersberg dafür 30 Dollar bezahlen, oder er findet über die elektronische Zeitschriftenbibliothek heraus, welche UB oder Organisation Nature bis ins Jahr 1970 abonniert hat und fragt dann einen Kollegen oder eine Kollegin an der betreffenden Universität. Oder weiß Herr Kappersberg nicht, wie eine Internetrecherche funktioniert? Eine Diplom- oder Doktorarbeit ist für den Betreuer oder die Betreuerin eine "Anleitung zum wissenschaftlichen Arbeiten". Hat Herr Kappersberg seinen Betreuer oder seine Betreuerin nicht gefragt?

Wissenschaft heißt miteinander reden – in der Tat! Ihr"

Jörg Klug
Institut für Anatomie und Zellbiologie
Universität Giessen







Letzte Änderungen: 24.04.2006