Editorial

Magen, Leber & Co.

Zitationsvergleich 2000 bis 2003: Gastroenterologie & Hepatologie
von Lara Winckler, Laborjournal 07/2006


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Die Gastroenterologen und Hepatologen des deutschsprachigen Raumes interessierten sich in den Jahren 2000 bis 2003 vor allem für entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Infektionen der Leber mit Viren, besonders mit dem Hepatitis-C-Virus.

Die Gastroenterologie befasst sich mit Diagnose, nichtoperativer Therapie und Prävention von Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts. Gastroenterologische Forschungsthemen sind Ulkuserkrankungen (Geschwüre von Magen- und Darmwand), Tumoren, Lebererkrankungen sowie vorneweg entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn. Die Hepatologie als Teilgebiet der Gastroenterologie ist auf Physiologie und Pathophysiologie der Leber und der Gallenwege spezialisiert. Dazu zählen Viruserkrankungen mit Hepatitis-C-Virus (HCV) und Coinfektionen mit HIV sowie der Gallensäurenstoffwechsel; daneben auch hepatische Enzephalopathien, verursacht durch den krankhaften Anstieg verschiedener Abbauprodukte und Zellgifte im Körper, Folge etwa einer Leberzirrhose.


Viren und entzündete Eingeweide

Bereits 1974 als Erreger der sogenannten "Non-A-Non-B-Hepatitis" von den beiden anderen damals bekannten Hepatitis-Viren abgegrenzt, konnte HCV erst 1989 von Michael Houghton et al. von der Chiron Corporation in Kalifornien isoliert werden. Dies war möglich durch Anwendung einer neuen Technik, der Klonierung von Genomfragmenten aus dem Serum eines künstlich mit HCV infizierten Schimpansen.

Trotz intensiver Forschung dauerte es weitere fünfzehn Jahre, bis Ralf Friedrich Bartenschlager (20.) in Kooperation mit der Arbeitsgruppe von Takaji Wakita, Uni Tokio, die Entwicklung eines Zellsystems zur Vermehrung des HCV gelang. Damit kann der vollständige Lebenszyklus des Virus nachvollzogen werden, eine unabdingbare Voraussetzung, um Medikamente und Impfstoffe gegen HCV zu entwickeln. Bartenschlager, Direktor der Molekularen Virologie am Universitätsklinikum Heidelberg, wurde dafür jüngst mit der Aschoff-Medaille der Medizinischen Gesellschaft Freiburg ausgezeichnet.

Ein Mitglied dieser Gesellschaft ist Hubert E. Blum (12.), Direktor der Inneren Medizin II an der Uniklinik Freiburg. Gemeinsam mit den Freiburgern Jens W. Rasenack (39.) und Darius Moradpour (44.) untersucht er den Zusammenhang zwischen Virusinfektionen wie HCV und chronischen Entzündungen an Leber, Galle und Pankreas.

Editorial

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Das Forschungsinteresse an HCV ist nach wie vor groß, Artikel mit dem Thema Hepatitits C glänzen durch hohe Zitierungszahlen. So ist der meistzitierte Wissenschaftler dieses Zitationsvergleichs, Michael P. Manns (1.), Direktor am Zentrum Innere Medizin der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), gleichzeitig auch Mitautor des meistzitierten Artikels. Insgesamt fünf der Top10-Artikel beschäftigen sich mit HCV. Die anderen fünf Plätze gehen an das zweite Lieblingsthema der Gastroenterologen - chronisch-entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Auf Platz vier steht ein Paper der Arbeitsgruppe um Stefan Schreiber (2.), Direktor des Instituts für Klinische Molekularbiologie der Uni Kiel und Entdecker eines der Gene, welche an der Entwicklung der Darmkrankheit Morbus Crohn beteiligt sind. Gemeinsam mit seinen Mitarbeiterinnen Susanna Nikolaus (23.) und Silvia Mascheretti (27.) zeichnet Schreiber noch für zwei weitere Top10-Paper verantwortlich, verfasst in Zusammenarbeit mit dem Team um die Kieler Forscher Ulrich R. Fölsch (17.), Direktor der Klinik für Allgemeine Innere Medizin am Campus Kiel, Jochen Hampe (18.) und Peter J. P. Croucher (29.).

HCV und Morbus Crohn sind auch die Forschungsschwerpunkte der beiden Wiener Mediziner Alfred Gangl (33.) und Peter Ferenci (38.), wobei letzterer sich auf Erkrankungen der Leber und ihre Auswirkungen auf das Gehirn spezialisiert hat. Mit diesen sechsen ist Kiel die stärkste Fraktion im Ranking, dicht gefolgt von den Zürcher Pharmakologen und Leberforschern Bruno Stieger (13.) und Gerd A. Kullack-Ublick (25.), der seit 2001 in der Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie des Unispitals Zürich forscht, sowie Peter J. Meier-Abt (3.), seit April 2005 Vizerektor Forschung an der Universität Basel.


Magenbakterien

Das dritte Lieblingskind der Gastroenterologen ist das Bakterium Helicobacter pylori, Bewohner der Pylorusregion und Verursacher von Ulkusleiden (Geschwüren) in Magen und Duodenum (Zwölffingerdarm). Obwohl Bakterien schon seit sechzig Jahren als Krankmacher im Magen-Darm-Trakt bekannt waren, wurde H. pylori erst 1982 von den Australiern Barry Marshall und J. Robin Warren identifiziert (siehe LJ 12/2005, S. 18). Trotz drastischer Beweis-Methoden - Marshall schluckte im Selbstversuch ein Röhrchen voller H. pylori und wurde mit einer Gastritis belohnt -, dauerte es weitere sieben Jahre, bis die medizinische Community das Bakterium als Ursache des Ulkus akzeptiert hatte.

Chronische Magenschleimhautentzündungen können - wie viele andere chronische Entzündungen etwa durch HCV - zu Krebs führen. Manfred Stolte (6.) vom Institut für Pathologie am Klinikum Bayreuth, dem Lehrkrankenhaus der Universität Erlangen, erforscht dies im Zusammenhang mit einer speziellen Krebsform im Magen, dem sogenannten MALT-Lymphom, sowie für andere Neoplasien im Verdauungsapparat wie Barretts Ösophagus und Kolonkarzinom.


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Letzte Änderungen: 16.08.2006