Editorial

Karussels für die Kleinsten
Produktübersicht: Mikrozentrifugen

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Ja, Sie sehen richtig: als ­Zentrifugenbecher dienen bei dieser Kaffeedosen-Zentrifuge zwei leere Patronenhülsen.

Die kleinsten Mikrozentrifugen passen in die Westentasche und kosten nur ein paar hundert Euro. Dafür sind größere Modelle flexibler und schleudern auch größere Gefäße mit Karacho im Kreis herum.

Stellen Sie sich vor, Ihr Chef schickt Sie zur Abwechslung mal raus zu einem Feldversuch, bei dem Sie DNA aus einer Pflanze direkt vor Ort isolieren müssen. Alles was Sie hierzu an Equipment benötigten, müssen Sie in einem kleinen Rucksack verstauen und zu Fuß zum Standort der Pflanze tragen. Welche hierzu unbedingt notwendigen Geräte würden Sie, neben den obligatorischen Lösungen und Puffern für das Extraktions-Protokoll, in den Rucksack packen?

Klar, ein Satz Mikropipetten inklusive passender Spitzen, ein Beutel mit 1,5 ml Eppendorf-Gefäßen, ein kleiner Handhomogenisator für den Probenaufschluss, Handschuhe, Etiketten zum Beschriften der Proben und dazu noch einen Plastikbecher für den Abfall. Fehlt noch ein entscheidendes Accessoire, das für die DNA-Extraktion in der Pampa genauso unabdingbar ist wie für die tägliche Routinearbeit im Labor: eine Mikrozentrifuge.

Reduziert auf das Wesentliche

Mikrozentrifugen sind die Winzlinge unter den Zentrifugen. Die kleinsten Vertreter bringen nur wenige Kilogramm auf die Waage. Einige Geräte sind sogar als batteriebetriebene Modelle erhältlich, die für Feldversuche fernab der Zivilisation geeignet sind und in einem Rucksack Platz finden. In der Regel werden sie jedoch wie ihre größeren Geschwister im Labor eingesetzt und dort mit einem Netzstecker an das Stromnetz angeschlossen.

Mikrozentrifugen sind für das Zentrifugieren von kleinen Volumina in 1,5 ml oder 2 ml Eppendorf-Gefäßen konzipiert. Entsprechend sind Standardrotoren für Mikrozentrifugen mit Bohrungen von 11 bis 12 Millimeter versehen, in die sowohl 1,5 ml- als auch 2 ml-Reaktionsgefäße passen. Will man kleinere Gefäße zentrifugieren, etwa 0,2 ml-PCR-tubes oder 0,8 ml-Vials mit Schraubverschlüssen, steckt man einfach Adapter mit passenden Innendurchmessern in die Zentrifugenplätze.

Statt mühsam mit den Adaptern herum zu pfriemeln kann man sich auch einen der vielen Spezialrotoren zulegen, die nahezu jeder Zentrifugenhersteller im Programm hat. Für Vielzentrifugierer dürften zum Beispiel Winkelrotoren mit 30, 48 oder sogar 60 Steckplätzen für 1,5 ml- oder 2 ml-Reaktionsgefäße interessant sein. PCR-Freaks freuen sich über einen Rotor, in dem sechs PCR-Streifen auf einmal Platz finden; und wer regelmäßig Proben einfriert erleichtert sich das Leben mit einem speziellen Rotor für Kryoröhrchen.

Einige größere, gekühlte Mikrozentrifugen kann man mit entsprechenden Rotoren zu kleinen Tischzentrifugen umfunktionieren, mit denen sich vom Urinröhrchen bis zum 50 ml-Falcontube praktisch jedes gängige Probengefäß zentrifugieren lässt.

Die Rotoren von Mikrozentrifugen sind meist aus Aluminium gefertigt, das sich seit Jahren bei großen Tisch- und Standzentrifugen als bruchsicheres und korrosionsbeständiges Rotormaterial bewährt hat. In den kleinsten Mikrozentrifugen, die mit ihrem meist runden Design wie kleine Eierkocher aussehen, verbauen die Hersteller in der Regel jedoch Kunststoff-Rotoren. Aufgrund ihres kleinen Umfangs bieten diese meist nur Platz für maximal zwölf Reaktionsgefäße.

Die Umdrehungszahlen und Zentrifugalbeschleunigungen dieser Westentaschen-Mikrozentrifugen können sich aber durchaus sehen lassen. Bürstenlose Elektromotoren beschleunigen ihre Mini-Rotoren auf bis zu 15.000 Umdrehungen pro Minute, die trotz der kleinen Rotor-Durchmesser für Zentrifugalbeschleunigungen von etwa 15.000 g sorgen. Das reicht ­allemal, um zum Beispiel E. coli-Zellen oder DNA-Fällungen zu pelletieren. Wer höhere g-Werte benötigt, sollte sich bei den größeren, gekühlten Modellen umschauen, die, mit entsprechenden Festwinkel-Rotoren bestückt, zum Teil mehr als 30.000 g erreichen.

Ein Zentrifugen-Utensil, das man sich durchaus etwas genauer anschauen sollte, ist der Rotor-Deckel, der entweder aus Metall, in der Regel Edelstahl, oder aus Plastik besteht. Edelstahl-Deckel sind praktisch unzerstörbar und schützen, wenn sie mit einer Aerosol- oder Bioabdichtung versehen sind, zuverlässig vor aggressiven oder gefährlichen Aerosolen sowie Mikroorganismen und anderen biologischen Gefahrstoffen. Sie sind aber undurchsichtig. Ein während des Laufs gebrochenes Röhrchen, dessen Inhalt über den ganzen Rotor verteilt ist, erkennt man erst nach dem Öffnen der Zentrifuge.

Stahl oder Plastik

Plastikdeckel sind nicht nur korrosionsbeständiger als ihre Pendants aus Metall, sondern auch durchsichtig, so dass ein Leck in einem Zentrifugenröhrchen in den meisten Fällen schon auf den ersten Blick zu sehen ist. Der Bruchgefahr bei Plastikdeckeln begegnen die Hersteller mit neuartigen Kunstoffmaterialien wie Polyphenylsulfon, denen sowohl die mechanische Beanspruchung durch die auftretenden Fliehkräfte, als auch Temperaturschwankungen nichts anhaben.

Der Spaßfaktor einer Zentrifuge hängt bei der täglichen Routinearbeit nicht zuletzt davon ab, wie einfach sie zu bedienen ist. Hierzu tragen zum Beispiel klar strukturierte Bedienelemente wie auch ein Display, das alle eingestellten Parameter überschaubar darstellt. Sehr praktisch ist ein Zentrifugendeckel, der ohne großen Kraftaufwand schließt und sich automatisch nach dem Zentrifugenlauf öffnet. Auf der Wunschliste der meisten Benutzer ganz oben stehen meist auch leicht austauschbare, vielseitige Rotoren sowie einfach zu schließende Rotor-Deckel und vorprogrammierte Zentrifugenprogramme für Standardprotokolle.

Wie laut eine Mikrozentrifuge ist, hört man spätestens beim ersten Probelauf. Verglichen mit den Heulbojen früherer Tage sind moderne Mikrozentrifugen aber beinahe flüsterleise. Das Rotorgeräusch liegt mit geschlossenem Deckel meist zwischen knapp 50 und 60 Dezibel und ist damit nur unwesentlich höher als der Lärmpegel in einem Büro.

Bei vielen molekularbiologischen Arbeitsschritten oder PCR-Protokollen reicht es aus, wenn die Proben mit einer Zentrifugalbeschleunigung von wenigen hundert g kurz an zentrifugiert werden. Das schafft auch eine handbetriebene Zentrifuge, die man für etwas mehr als 300 Euro kaufen, oder, wenn man jeden Cent zweimal umdrehen muss, auch für wenig Geld selbst herstellen kann. Mittlerweile dürfte sich in den meisten Laboren herumgesprochen haben, dass sich Salatschleudern mit wenigen Handgriffen in veritable Laborzentrifugen umbauen lassen. Hierzu benötigt man lediglich eine handelsübliche Salatschleuder, zwei Kabelbinder und zwei flache Plastikständer für Eppendorfgefäße. Die beiden Ständer befestigt man mit den Kabelbindern an der inneren Wandung des Salatsiebs, so dass sie gegenüberliegend angeordnet sind und einen Winkel von etwa 45° mit dem Boden bilden. Das war‘s auch schon.

Zum Zentrifugieren platziert man die Eppendorfgefäße in die Ständer, stellt das Sieb in die Schüssel der Schleuder, schließt sie mit dem Deckel und dreht den darin eingebauten Antriebsknopf so schnell wie möglich im Kreis.

Salatschleuder-Zentrifuge

Noch professioneller sieht die Salatschleuder-Zentrifuge aus, wenn man sie mit einem Festwinkel-Rotor bestückt, den man aus einem Styroporblock so heraus arbeitet, dass er genau in das Salatsieb hineinpasst. Die Löcher für die Reaktionsgefäße bohrt man mit einem Korkenbohrer auf dem äußeren Rand des Rotors im 45°-Winkel, so dass man Steckplätze für etwa 30 Reaktionsgefäße erhält. Dreht man ordentlich am Knopf des möglichst hoch übersetzten Salatschleuder-Getriebes, erreicht der Rotor bis zu 1000 Umdrehungen pro Minute, woraus etwa 120 g resultieren.

120 g reichen auch

Eine amerikanische Gruppe setzte diese Do-It-Yourself-Zentrifuge für die Extraktion von DNA ein und verglich die Ausbeuten, die sie mit der Salatschleuder-Zentrifuge und einer klassischen hochtourigen Mikrozentrifuge erzielte (Abu Almakarem et al. BMC Research Notes 2012, 5:266). Einen signifikanten Unterschied stellte sie hierbei nicht fest. Und sollten Sie tatsächlich einmal ein transportables Feld- und Wiesenlabor brauchen, können Sie die Salatschleuder-Zentrifuge einfach an ihren Rucksack hängen.

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(Erstveröffentlichung: H. Zähringer, Laborjournal 05/2014, Stand: April 2014, alle Angaben ohne Gewähr)




Letzte Änderungen: 13.05.2014