Editorial

Apoptose

von Ralf Hess (Laborjournal-Ausgabe 11, 1994)


Apoptose ist ein bereits 1972 zum ersten Mal beschriebener Typ des Zelltodes bei vielzelligen Organismen. Kerr, Wyllie und Curry bezeichneten damit eine Serie charakteristischer morphologischer Veränderungen in der absterbenden Zelle: adhärente Zellen runden sich ab und die DNA wird kondensiert. Der Zellkern zerfällt zunächst in einzelne Fragmente, wobei vorübergehend die Plasmamembran erhalten bleibt. Danach entstehen einzelne, membrangebundene Vesikel, die apoptotic bodies. Endonukleasen, die während der Apoptose aktiviert werden, zerschneiden in den meisten experimentell untersuchten Zelltypen die DNA in 180 Basenpaare lange internukleosomale Fragmente.


Nachweis von "Todesgenen"

Oft wird der Begriff Apoptose synonym zum programmierten Zelltod (programmed cell death, PCD) verwendet. PCD ist allerdings ein funktionaler Begriff, der den Zelltod als Teil der ontogenetischen Entwicklung beschreibt. So stellt zum Beispiel das Absterben der interdigitalzellen einer fötalen Hand (Ausbildung der Finger) ein klassisches Beispiel von programmiertem Zelltod dar. Bei dem Fadenwurm Coenorrhabditis elegans konnten sowohl Gene identifiziert werden, deren Produkte am programmierten Zelltod beteiligt sind ("Todesgene"), als auch solche, die den Zelltod verhindern.

Experimentell läßt sich in unterschiedlichen Zellsystemen durch DNA-schädigende Agentien wie Chemotherapeutika oder Röntgenstrahlen eine Apotose einleiten. Dabei unterscheiden sich PCD und Apoptose deutlich von einer Nekrose. Die Nekrose bezeichnet ein relativ schnelles Absterben der Zelle, wobei die Plasmamembran ihre Fähigkeit verliert, den osmotischen Druck zu regulieren. Nekrose folgt meist auf schwere chemische oder physikalische Reize (Noxen) und läßt sich eher als ein "zufälliger" Zelltod bezeichnen. Die Nekrose geht ohne de novo Genexpression einher. Im Gegensatz zu PCD und Apoptose zieht eine Nekrose eine Entzündungsreaktion nach sich.

Apoptose ist ein Teil der Geweberegulation. Bleibt sie aus, könnte so eine Tumorentstehung begünstigt werden. Deshalb schreibt man der Apoptose eine protektive Rolle bei der Tumorentstehung zu. Besonders interessant sind in diesem Zusammenhang apoptoseregulierende Gene. So kann das Tumorsuppressor-Protein P53 nach einer Schädigung der DNA Apoptose einleiten. Es scheint, als hätte der vielzellige Organismus eine Strategie entwickelt, mit der er mutierte oder deregulierte Zellen effizient eliminieren kann.



Letzte Änderungen: 19.10.2004