Editorial

Ungebremst durch die Nacht

(17.2.2015) Was treibt die Ultrazentrifuge im dunklen Labor? Unsere (andere) TA hat es aufgeschrieben.


editorial_bild

In der Berufsschule wurde uns eingeknotet, Zentrifugen nebst Zubehör mit größtem Respekt zu behandeln und unsere Proben stets gewissenhaft auszutarieren. Sonst würde es mit unserer Zentrifugation ein schlimmes Ende nehmen. Gestützt wurden diese eindringlichen Worte mit dramatischen Bildern verbeulter Rotorkammern und der Geschichte einer Ultrazentrifuge, die in übermütiger Unwucht auf ihrem Weg in die Freiheit eine Wand durchschlug.

Solche Geschichten prägen sich ein.

Ich weiß nicht, mit welchen Mitteln die Studenten der letzten Jahre, unsere heutigen Doktoranden etc., zum gründlichen Austarieren angehalten werden. Sie müssen aber mindestens ebenso drastisch sein. Als Nebenwirkung entwickelt sich leicht eine regelrechte Unwucht-Paranoia.

Editorial

Mehrere Kollegen berichten von Nächten, in denen sie, geplagt von düsteren Gedanken, keinen Schlaf fanden, weil sie die Ultrazentrifuge im Labor mit einer Nachtschicht beauftragt hatten.

Obgleich sie die Röhrchen minutiös auf Haarrisse untersucht, die Gradienten aufs Milligramm genau austariert und den korrekten Sitz des Rotors auf der Spindel dreimal überprüft hatten.
Derweil rotiert die betreffende Ultrazentrifuge in aller Regel zufrieden vor sich hin.

Werfen wir einen Blick hinter die Kulissen dieses Dramas, sagen wir um zwei Uhr nachts.

Doktorand (wälzt sich schlaflos im Bett hin und her und phantasiert das Schlimmste herbei): „Wenn ich´s mir recht überlege war das eine Röhrchen doch ziemlich verkratzt. Wenn das nun gerissen ist? Wohlmöglich hat die Zentrifuge bereits die Wand durchbrochen und einen Nachtwächter erschlagen. Verdammt! So ein Loch in der Wand zu reparieren kostet ein Vermögen, und erst die Zentrifuge und der Rotor. Das übernimmt keine Versicherung, selbst wenn ich eine hätte. Ich fahre besser noch mal hin.“

Zentrifuge: „Yeah! Endlich mal wieder die Nacht durchmachen. Sogar mit 150.000 g. Das fetzt. Und noch dazu mit meinem Lieblingsrotor. Hey, der geht ab. Zwischen uns herrschen ideale Schwingungen. Ich liebe die Art, wie er sich auf meiner Spindel dreht.“

Rotor: „Round round get around, I get around! Baby, ich liebe es, auf deiner Spindel zu rotieren. Das ist besser als Breakdance. Schneller, schneller! O yeah, das ist großartig. Mir wird ganz kribbelig. Ja, weiter…“

Aus Gründen der Diskretion ziehen wir uns an dieser Stelle zurück, und deshalb ist der Text hier zu Ende.

 

Maike Ruprecht



Letzte Änderungen: 13.04.2015