Editorial

EHEC: Marketing ist alles

Hurra, es gibt einen ultraschnellen Test, mit dem man EHEC aufspüren kann. Einen Test? Eigentlich gibt's ja mindestens drei. Bloß kennt die anderen beiden kein Mensch. Zumindest nicht in den Nachrichtenredaktionen.

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(31. Mai 2011)  Die Gurken sind schuld. Oder sind's die Spanier? Seit heute weiß man: Gut möglich, dass es keiner von beiden ist. Die entnervende Seuchensuche beginnt wieder bei Null. Zum Ausgleich gibt's – dem Hochtechnologiestandort Deutschland sei's gedankt! – bereits einen Schnelltest, mit dem kann man den enterohämorrhagischen Bösewichtern – ja, was eigentlich? Den Garaus machen wohl eher nicht. Das müsste man vielleicht eher mit denjenigen machen, die heimlich Jauche, Abwässer oder was auch immer über Lebensmittel kippen.

 

Egal. Wackere Münsteraner Superbiologen vom dortigen Institut für Hygiene haben binnen weniger Tage einen PCR-basierten Schnelltest entwickelt, der in einem Durchgang gleich vier für HUSEC041 typische Merkmale checkt. Ein multiplexhafter Schnellchecker sozusagen. Binnen weniger Stunden, so Chefentwickler Helge Karch, wisse man künftig mehr. Zum Beispiel, ob das Magengrummeln wirklich vom Oberbösewicht HUSEC041, Serotyp O104:H4 höchstpersönlich herrührt – oder doch nur von einem seiner weniger lebensgefährlichen Genossen. Auch den noch immer ratlosen Lebensmittel-Detektiven im Lande wird dieser Schnelltest die Arbeit erleichtern. Auf dass sie die noch unbekannten Wohnstätten der Shiga-Toxin und Hämolysin ausscheidenden Colis baldmöglichst aufgespürt haben mögen!

 

Eines allerdings ist kaum zu verstehen: Gefühlte tausend Mal war heute in den Medien die Rede vom „Schnelltest aus Münster". Mag sein, nur: Der allererste Test war das nicht. Der Laborjournal-Redakteur erhielt bereits vor vier(!) Tagen frohe Kunde aus Hilden, in der es stolz hieß, die Biotechfirma Qiagen hätte einen - jawoll! – PCR-basierten Schnelltest für HUSEC041 entwickelt und auf den Markt gebracht.

 

Und gestern kamen Roche und TIB Molbiol mit so ziemlich genau derselben Meldung: Auch sie hätten gemeinsam eine „real-time PCR solution" zur „rapid identification and detection of EHEC" anzubieten. Und schnell soll dieser Assay aus Basel/Berlin auch noch sein: „The test can be performed in less than one hour."

 

Tja, meine lieben Damen und Herren aus der freien Marktwirtschaft: In punkto Marketing könnt Ihr Euch bei den rührigen Akademikern vom Uniklinikum Münster ruhig eine Scheibe abschneiden!

 

Winfried Köppelle

 

(PS zur Klarstellung: Ein Kollege fragte mich heute morgen verwundert, was ich denn um alles in der Welt gegen die Forscher aus Münster hätte. - Klare Antwort, ebenso verwundert: Gar nichts, natürlich. Im Gegenteil. Ich bin froh, dass die Akademiker dort augenscheinlich gute Arbeit leisten und ähnlich schnell wie finanzstarke Konzerne waren - und ich war schlicht amüsiert, dass sie diese Konzerne medial sogar ausgestochen haben.)



Letzte Änderungen: 04.03.2013