Editorial

Inkontinenz am Inn: Von Helden und Heldinnen (Folge 17)

Bei den deutschen Lesern dieser Folge mag gelegentlich der Verdacht aufkommen, die Österreicher seien Menschen mit einer besonderen Liebe zu Intrigen und in Österreich sowieso alles verneppt und verschwägert. Dem ist mitnichten so. In Österreich ist nur alles ein bisschen extremer: Die Helden sind größer und die Intriganten intriganter. So lebt in Innsbruck ein Genie der Intrige, das alles in den Schatten stellt, was mir bisher in dieser Beziehung vorgekommen ist.

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(22. Juli 2009) Dieses Genie arbeitet - als ob eine Person zu wenig sei für soviel Einfallsreichtum - unter einer Fülle von Namen: Andreas Hofer, C. Bangerl, Charles Darwin, F. Möbius, usw. Bei seinen Feinden heißt er jedoch Django und alle paar Tage hallt es durch die Hallen der medizinischen Universität: "Django reitet wieder!". Djangos Identität ist mir bekannt, doch hat mir unser Presseanwalt verboten sie zu lüften. Nennen wir den Hoferbangerldarwindjango also einfach Herr S. Lieber Herr S.: An dieser Stelle will ich meine Bewunderung für ihren Ideenreichtum, ihre Zähigkeit und Unverfrorenheit zum Ausdruck bringen. Besonders ihre Idee, unter dem Namen C. Bangerl bei Laborjournal gegen sich selbst zu hetzen und sich so als vertraulicher Informant einzuschleichen und dem Redakteur Geheimnisse zu entlocken, war schlichtweg genial.

Es hat zwar nicht geklappt, Ihr Stil ist zu unverwechselbar, aber die Redaktion war beeindruckt. Ein Trost für Sie: Ich glaube nicht, dass es in der Geschichte der deutschen Universität jemanden gab, der so viele so lange auf so dünnem Eis an der Nase herumführte und ihnen dazu ins Gesicht lachte wie Sie, Herr S.. Noch in 500 Jahren werden Universitätsgeschichtsschreiber Ihrer Taten gedenken! Ich möchte dazu meinen bescheidenen Obolus leisten.

An meiner Bewunderung für Sie, Herr S., kann auch die Tatsache nichts ändern, dass die staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren gegen die von Ihnen Denunzierten regelmäßig eingestellt werden. Letztes Beispiel ist das Ermittlungsverfahren gegen Hartmut Glossmann, das Sie unter dem "nom de guerre" Charles Darwin im März 2009 angezündelt und dem Sie unter F. Möbius am 20. Juni Holz nachgelegt hatten. Danach habe Glossmann in den Jahren 2002 und 2003 gut 25 000 Euro Innovacell Gelder für sein Institut veruntreut, indem er sich davon privat ein neues Auto gekauft habe. "Nichts dran", befand Staatsanwältin Erika Wander. Glossmann hatte den BMW mit privaten Mitteln erstanden und die Innovacell Gelder korrekt verbucht.

Sie "Herr S." lassen sich von solch verlorenen Schlachten nicht beeindrucken. Sie denken weiter. Sie denken: "Es bleibt immer etwas hängen" und "mit der Zeit wird der mürbe werden". Im ersten Fall könnten Sie Recht haben, im zweiten ... nun ja, wie einleitend schon gesagt, es gibt in den Tiroler Bergen nicht nur geniale Intriganten, es leben dort auch Helden.

Kommen wir zum zweiten Strang der Innsbrucker Komödie, den Irrungen und Wirrungen der Rektorswahl. Kommen wir von Helden zu Heldinnen. Bekanntlich wählte der Unirat der MUI am 15. April 2009 Herbert Lochs mit sechs von sieben Stimmen zum neuen Rektor (siehe Folge 15). Die eine Stimme erhielt die Vizerektorin Margarethe Hochleitner. Sie und der Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen witterten hinter der Abfuhr eine Geschlechterdiskriminierung und daher beantragte der Arbeitskreis bei der Schiedskommission, eben dies festzustellen und damit die Wahl für ungültig zu erklären. Die Schiedskommission wies jedoch die Beschwerde in ihrer Sitzung vom 16. 6. 2009 ab. Die lesenswerte Begründung der Schiedskommission hat die MUI dankenswerterweise auf ihrer Netzseite als pdf veröffentlicht. Danach behauptete der Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen:

Der Unirat habe die Auswahlkriterien nicht zutreffend beurteilt, die Hochleitner sei nach einigen Kriterien gleich, nach anderen besser qualifiziert als Lochs. Insbesondere sei ihr Konzept zur Organisation des Rektorats besser. Auch seien die Fragestellungen des Unirats an die Hochleitner diskiriminierend gewesen, nur sie sei nach ihren Schwächen befragt worden und nur bei ihr sei die Frage der "Belastbarkeit" aufgetaucht. Letzteres sei ein Totschlagargument, das gerne gegen Frauen eingesetzt würde. Die beiden letzten Punkte beziehen sich auf eine Anhörung der drei Kandidaten durch den Unirat am 15. 4. 2009 unmittelbar vor dessen Entscheidung. Bei dem Konzept zur Organisation des Rektorats ging es im Wesentlichen um die Frage, ob ein eigener Vizerektor für Finanzen eingesetzt werden solle (Konzept Lochs/Unirat) oder ob der Rektor die Finanzen selbst verantworten solle (Konzept Hochleitner).

Der Unirat wies die Behauptungen des Arbeitskreises zurück: eine Diskriminierung Frau Hochleitners liege nicht vor. Bei den Differenzen sei es vielmehr um Sachfragen gegangen, insbesondere um eine "wirtschaftlich versierte Leitungspersönlichkeit" für die Finanzen. Frau Hochleiter habe zudem in der Sitzung des Unirates "mangelnde Belastbarkeit gezeigt. Ohne ersichtlichen Grund und ohne dass man sich ihr in Artikulation und Gestik in inadäquater Weise angenähert hätte, habe sie wiederholt für alle erkennbar mit den Tränen gekämpft."

Die Schiedskommission nahm Einsicht in die Unterlagen, befragte alle Mitglieder des Unirates, die Schriftführerin, die in der Sitzung vom 15. 4. anwesenden Betriebsräte, den Arbeitskreis und auch Frau Hochleitner und schloss sich dann im wesentlichen der Ansicht des Unirats an. Lochs habe in der Tat mehr internationale Erfahrung. Die wesentlichen Differenzen zwischen Hochleitner und dem Unirat (eigener Vizerektor für Finanzen oder nicht) sei eine geschlechtsunabhängige Sachfrage. Diese Auffassung der Schiedskommission wurde von der einzigen Person - nach meinen Informationen eine Frau - die bei der Rektorwahl für Frau Hochleitner gestimmt hatte, bestätigt. Auch sei es verständlich, so die Schiedskommission weiter, wenn der Unirat Bedenken gegen eine Person habe, die emotional reagiere, wenn sie sich in die Enge getrieben fühle. Die Fragen an Frau Hochleitner bzgl. ihrer Schwächen haben sich aus ihren emotionalen Reaktionen ergeben. Die anderen Kandidaten hätten nicht geheult und seien deswegen auch nicht nach ihren Schwächen gefragt worden.

Die Begründung der Schiedskommission scheint mir fair zu sein. Sie ist auch in einem bemerkenswert guten Deutsch verfasst, was immer darauf hindeutet, dass der Verfasser nichts zu verstecken hat. Ob Lochs als Rektor einen guten Job machen wird weiß ich nicht, aber ich bin überzeugt, Frau Hochleitner würde es nicht besser machen.

Was mir an Frau Hochleitner unangenehm auffiel, ist die Tatsache, dass sie im Laufe der Sitzung in punkto Vizerektorat Finanzen auf die Position das Unirats einschwenkte. Dies scheint sie mir mehr noch als ihre "emotionale Reaktion" als Rektorin zu disqualifizieren. Manch hartes Männerherz mögen Frauentränen erweichen, als Taktik beim Richtigen zur richtigen Zeit eingesetzt mag das also hingehen. Jedoch: eine Rektorin muss zu dem stehen was sie für richtig hält. Wenn Frau Hochleitner ein Vizerektorat Finanzen aus Überzeugung ablehnte - und alles spricht dafür - dann hätte sie nicht einknicken dürfen. So hinterlässt Frau Hochleitner den Eindruck, sie habe um des Postens willen nachgegeben - und das auch noch vergebens. Es sei angemerkt, dass die Genderpropagandistin Hochleitner gerade unter den Männern der MUI Anhänger hat. Einige "ihrer Buben" haben sich bei mir mit Verve für sie eingesetzt. Sie sei eine begnadete Personalleiterin, sie habe sich im Schlichten von Streitfällen Meriten erworben. Mag sein. Aber: Heldinnen heulen nicht.

Frau Fischer, der Vorsitzenden des Unirats, mag ebenfalls zum Heulen zumute sein. Jedenfalls wenn sie die Tiroler Tageszeitung und profil liest. Die berichten, dass die Uniräte der MUI Bezugskaiser seien und Steuergelder verprassten. Allein 2008 hätten die sieben Räte direkt 172 000 Euro an Vergütungen und 34 300 Euro an Sitzungsgeldern kassiert. Mit Reisekosten, Kosten für Mitarbeiter, Telefon etc. kostete der Unirat der MUI den österreichischen Steuerzahler 2008 rund 400 000 Euro. In der Tat erhielt - was auch schon in Laborjournal zu lesen war - allein die Vorsitzende Fischer bis Mai 2008 monatlich 2000 Euro und seither 3000 Euro Funktionsgebühr und für jede Sitzung 500 Euro extra. Zum Vergleich: Der Vorsitzende der größeren Medizinischen Universität Wien erhält nur 1500 Euro Pauschale. Wissenschaftsminister Johannes Hahn stellte nach Tiroler Tageszeitung fest, dass der Unirat der MUI beim Kostenvergleich mit anderen österreichischen Universitäten ganz oben stehe.

Frau Fischer begründete ihre Gehaltserhöhung vom Mai 2008 mit dem "aktuellen Arbeitsaufwand" und mit den Uniratsvergütungen anderer Universitäten. Welche Universitäten das seien, war ihr allerdings im profil-Interview entfallen. Auf die Frage von Laborjournal, ob sich ihr Gedächtnis inzwischen erholt hätte, antwortete sie nicht. Auch ihre Behauptung im profil-Artikel, der Unirat habe der MUI einen siebenstelligen Eurobetrag erspart, mochte Frau Fischer auf Nachfrage von Laborjournal nicht spezifizieren.

Frau Fischer versicherte profil zudem, sie verdiene pro Stunde nur 10 bis 20 Euro. Nur ihre Monatsvergütung von 3000 Euro zugrunde gelegt, müsste Frau Fischer dann etwa 50 Wochenstunden für die MUI arbeiten. Dazu kommt noch die Zeit für die Fahrten von Wien nach Innsbruck und zurück und für die Sitzungen, die ja extra bezahlt werden. Da fragt man sich, wann die Fachärztin für Psychiatrie in ihrer Hauptposition in ihrer Wiener Klinik arbeitet. Nachts? Falls ja, erscheint uns Frau Fischer Heldinnenverdächtig.

Auf jeden Fall hat Frau Fischer außergewöhnliche Ausgaben und außergewöhnlichen Ärger. So hat sie und Frau Smolle-Jüttner von Laborjournal eine Unterlassungserklärung gefordert: Wir sollen es unterlassen in ihre Persönlichkeitsrechte einzugreifen. Wir hätten das getan, als wir über die Abstimmung im Unirat anlässlich der Rektorwahl berichteten (Folge 15). Frau Fischer bzw. ihre Anwältin begründeten das mit dem § 16 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches, dem Sklaverey-Paragraphen aus dem Jahre 1812, der folgenden Wortlaut hat:

"Jeder Mensch hat angeborne, schon durch die Vernunft einleuchtende Rechte, und ist daher als eine Person zu betrachten. Sclaverey oder Leibeigenschaft, und die Ausübung einer darauf sich beziehenden Macht, wird in diesen Ländern nicht gestattet."

Wir haben die Unterlassungserklärung nicht unterschrieben.

Hoffentlich setzt Frau Fischer wenigsten die Frauenquote in den Vizerektoraten der MUI durch. Nach der Tiroler Tageszeitung vom 2.7.2009 scheint ihr ja das richtige Geschlecht die wichtigste Qualifikation für dieses Amt zu sein.



Hubert Rehm


Letzte Änderungen: 04.03.2013