Editorial

Harsche Kritik durch die Blume

Alle fünf Jahre veröffentlicht die DFG ihren Fünf-Jahresplan: "Perspektiven der Forschung und ihrer Förderung". Ebenso regelmäßig nimmt der Wissenschaftsrat zu diesem Plan Stellung. Manchmal übt er auch Kritik.

(20. Juni 2008) Die Stellungnahme des Wissenschaftsrates ist ein Meisterwerk politischen Schrifttums. In der Kurzfassung wird der DFG erst tüchtig um den Bart gegangen und kräftig Honig in denselben geschmiert. So sei die DFG "die bedeutendste Einrichtung der wettbewerblichen Forschungsförderung" und die Einwerbung der DFG-Mittel gelte wegen "des hohen Ansehens der Begutachtungs- und Entscheidungsprozesse der DFG als bedeutender Qualitätsmaßstab für die Forschungsleistung". Auch seien die "DFG-Drittmittel ein wichtiges Kriterium in Zielvereinbarungen zwischen den Bundesländern und ihren Hochschulen und bei der leistungsorientierten Mittelzuweisung". Dann schlägt der Ton um. Zwar wird die akademisch verfeinerte Werbeagentursprache beibehalten und ihre schmierige Glätte lässt selbst sperrige Brocken passieren, doch wer zweimal liest und wer zwischen den Zeilen liest, dem klingt harsche Kritik in den Ohren. So wird ein wachsender Einfluss der DFG auf das Wissenschaftssystem festgestellt, dem die DFG - so kann man das jedenfalls verstehen - nicht gerecht werde. Die DFG würde die Ziele ihres Wirkens weder klar definieren, noch erkennbar machen, noch gäbe es Kriterien wie das Erreichen dieser Ziele zu prüfen sei. Da reibt man sich die Augen. Donnerwetter, der Wissenschaftsrat! Der fordert ja das gleiche wie das was wir in unzähligen Artikeln und etlichen Büchern (z.B. im Reiche der Propheten) seit Mitte der 90iger Jahre des vergangen Jahrhunderts vorgetragen haben. Übrigens ohne bei der DFG irgendeine Wirkung zu erzielen. Haben wir nicht schon damals gefordert, die Programme der DFG quantitativ auf ihren Erfolg, z.B. in Publikationen pro Euro bzw. Mark, zu überprüfen? Und was steht heute beim Wissenschaftsrat? "Ein zentrales Element strategischen Förderhandelns ist die systematische Steuerung des Programmangebots und der Programmbudgets auf der Basis quantitativer und qualitativer Analysen des Erfolgs der einzelnen Programme. Hierzu sollte die DFG in stärkerem Ausmaß Programmevaluationen vornehmen." Übersetzt aus dem Werbeagenturischen: Sie sollte die Axt in die Hand nehmen und den Wildwuchs an Programmen und Fördermaßnahmen auf ein übersichtliches Maß zurückstutzen und prüfen welche der Bäume wie viel Früchte tragen und ob diese süß oder sauer sind.

Und es geht weiter: Der Wissenschaftsrat scheint mit der Entscheidungsqualität der DFG-Gremien unzufrieden zu sein, denn er fordert, dass die Verbesserung der Entscheidungsqualität ein dauerhaftes Anliegen der DFG sein müsse und macht Vorschläge wie das zu erreichen sei. Er bemängelt, dass es keine Mechanismen zur Förderung risikoreicher Vorhaben gibt. Er stellt fest, dass manche Gebiete links liegen gelassen werden. Nicht nachvollziehbar ist allerdings die Forderung des Wissenschaftsrats die DFG möge Gebiete fördern, die in Zukunft an Bedeutung gewinnen werden. So weit ich weiß sind bei der DFG keine Propheten tätig - auch wenn sich manche DFG-Mitarbeiter für solche halten. Zudem ist es möglich, dass sich in der Kritik des Wissenschaftsrates ein gewisses institutionelles Konkurrenzdenken niedergeschlagen hat. Dennoch ist seine Stellungnahme zur Denkschrift der Deutschen Forschungsgemeinschaft zu empfehlen (unter www.wissenschaftsrat.de).

Siegfried Bär



Letzte Änderungen: 26.06.2008