Editorial

Ein Lichtlein der Vernunft

Esoterische Zeitschriften haben teilweise riesige Auflagen. Die Zeitschrift Skeptiker hält dagegen, mit dem Licht der Vernunft. Doch mit seiner Auflage von 3.300 funzelt der Skeptiker nur schwach aus dem Blätterwald.

(13.12.2007) Wer in der Bahnhofsbuchhandlung einer größeren Stadt die Zeitschriftenstände durchstöbert, wird auf dutzende esoterischer Zeitschriften stoßen. Sie haben teilweise riesige Auflagen: NewsAge (40.000), Bewußter Leben (50.000), Visionen (90.000), Welt der Esoterik (55.000), Grenzenlos (250.000). Der Inhalt besteht weitgehend aus unbelegtem, abgehobenem, kritiklos dargebotenem WischiWaschi über Engel, Lichtnahrung, Geistheilung, Wünschelrutensuchen. Anscheinend gibt es Leute, die sowas nicht nur lesen, sondern auch noch dafür zahlen.

Denn letzteres scheint den Machern dieser Machwerke wichtig zu sein: hinter dem geistigen Getue ist oft eine ungeistige Geldgier spürbar. So hat die Zeitschrift Wendezeit (Schweizer Auflage 10.000) in ihren Mediadaten stehen: "Ein PR-Text wird nur in Verbindung mit einer Anzeige im redaktionellen Teil veröffentlicht. Der zur Verfügung gestellte Platz entspricht ca. der doppelten bis max. dreifachen Größe des Inserats". Wer im Zeitungsgeschäft ist, weiß was das bedeutet.

Gibt es auch Zeitschriften, die das Licht der Vernunft hochhalten, die Dämme errichten gegen die immer höher steigende Flut der esoterischen Gülle?

Es gibt sie. Es gibt eine einzige Zeitschrift, die sich die Mühe macht, die Behauptungen der Esoteriker als das zu entlarven, was sie sind: Selbsttäuschung, Verbohrtheit, Betrug. Diese Zeitschrift ist der Skeptiker. Nun sollte man annehmen, dass eine Zeitschrift, die das Licht der Vernunft hochhält, höhere Auflagen hat als solche, die es mit Gülle zu löschen versuchen. Weit gefehlt. Der Skeptiker hat nur eine Auflage von 3.300.

Warum? Am Inhalt liegt es nicht. Der ist gut. Im neuen Doppelheft zum Beispiel wird untersucht, warum man beim Lauf über glühende Kohlen keine Verbrennungen davon trägt. Der Artikel geht in die Tiefe, man lernt einiges über Wärmekapazität und Wärmeleitfähigkeit. Mehr für Theoretiker ist der Schlagabtausch zwischen Andreas Hergovich und Martin Mahner. Hergovich äußert Zweifel am skeptischen Dogma der Nicht-Existenz des Übersinnlichen. Mahner faltet Hergovich zusammen, packt ihn ein und schickt ihn ins Nirwana: "Nachdem der Antinaturalismus bis heute offenbar nur solch diffuses Schwanen und Wähnen anzubieten hat, sollte es ihn nicht überraschen, dass er zu den aussterbenden philosophischen Arten gehört. Requiescat in pace!" Die Diskussion geht über siebzehn Seiten, und das scheint für den Skeptiker typisch zu sein: Er neigt dazu, die Themen gründlich zu behandeln. Wem Hergovich/Mahner zu trocken vorkommt, der sei auf Ulrich Bergers Artikel "Alternativwissenschaft in Österreich" verwiesen. Er wird Tränen lachen. So über die k.u.k. staatliche Autobahn- und Schnellstraßenfinanzierungs-Aktiengesellschaft, die sich nicht entblödet, Pendler, Hellseher und Rutengänger zur Entstörung von unfallträchtigen Autobahnknoten einzusetzen. Historisch Interessierte kommen mit einem Artikel über Nostradamus zum Zuge, Comicfreaks mit einer Abhandlung über Physik und Biochemie der Superhelden. In letzterem besticht unter anderem die Literaturkenntnis des Autors (Bern Harder). So verweist er auf den bahnbrechenden Artikel von Siegfried Bär über das Sexualleben Spidermans in Laborjournal 7/8-2005.

Dennoch ziehen die Leute offenbar den Schund vor, der in Esotera und Welt der Esoterik verbreitet wird. Warum um Gottes Willen? Warum zahlen sie dafür, verarscht zu werden? Es scheint eine der wenigen Fragen zu sein, für die es keine rationale Antwort gibt.

Hubert Rehm



Letzte Änderungen: 17.12.2007