Editorial

Starker Süden

Die Halbfinalisten für den ersten Durchlauf des BMBF-Exzellenzwettbewerbs deutscher Hochschulen stehen fest. Kurz zuvor jedoch sorgte die Prognose einer Consulting-Firma noch für einige Aufregung.

(22.01.2006) Ex-Forschungsministerin Edelgart Bulmahn startete den Exzellenzwettbewerb seinerzeit, um "deutsche Unis an die weltweite Spitze von Forschung und Lehre zu führen". Der Wettbewerb wurde aufgeteilt in drei Förderlinien: "Graduiertenschulen", "Exzellenzcluster" und "Zukunftskonzepte". Wobei vor allem die letzte als mit Abstand finanzstärkste "Königsdisziplin" die Begehrlichkeiten der Unirektoren weckte.

Am 9. Januar veröffentlichte nun der Berliner Tagesspiegel exklusiv eine Prognose der lluminate Consulting Group (ICG), die die Sieger dieser "entscheidenden dritten Förderlinie" vorhersagte. Basis war eine spieltheoretische Analyse mit jeder Menge Daten zu den einzelnen Hochschulen.

Die eigenen Ergebnisse verführten ICG-Geschäftsführer Daniel J. Guhr im Tagesspiegel-Interview zu einigen gewagten Interpretationen. Entscheidend für den Ausgang des Wettbewerbs von Bund und Ländern sei weniger die Qualität einer Bewerbung, sondern die Unterstützung durch Politiker, mutmaßte er. "Die Politik wird sich hinter bestimmte Hochschulen stellen". Davon, so Guhr weiter, profitiere etwa in Berlin allein die Humboldt-Universität (HU), hinter die sich der Bund stellen werde. Die Freie Universität Berlin (FU) werde dagegen nicht unter den Siegern sein, obwohl sie "zu den besten zehn Unis in Deutschland" gehöre. Die FU stünde dann "am Anfang ihres Endes".

Weiterhin nannte Guhr als Favoriten für die "Königsdisziplin Zukunftskonzepte" die beiden Münchner Universitäten, Heidelberg, Darmstadt, Aachen und Bonn. Hohe Chancen hätten ferner die TU Dresden, Göttingen und die TH Karlsruhe.

Es kam anders. Am 20. Januar gab die Gemeinsame Kommission aus Mitgliedern der DFG-Fachkommission sowie der Strategiekommission des Wissenschaftsrates bekannt, wen sie aus der ersten Stufe des Antragsverfahrens ausgewählt hat. Die HU Berlin war nicht mehr dabei, wohl aber die FU. Auch Bonn, Darmstadt, Dresden und Göttingen fehlen hier bereits. Vielmehr sind neben der FU Berlin folgende neun Hochschulen in die nächste Runde eingezogen: RWTH Aachen, Universität Bremen, Universität Freiburg, Universität Heidelberg, Universität Karlsruhe (TH), Universität München, Technische Universität München, Universität Tübingen und die Universität Würzburg. Diese sind nun aufgefordert bis April ausformulierte Anträge einzureichen, aus denen der Bewilligungsausschuss im Herbst die endgültigen Gewinner bestimmen wird.

Von dem befürchteten Länderproporz, der eine Entscheidung nach reiner Qualität verwässern würde, also keine Spur. Im Gegenteil: Vier Hochschulen aus Baden-Württemberg sowie drei aus Bayern rücken den Fokus fast schon unangenehm stark in den Süden der Republik. Der "Osten" ist überhaupt nicht vertreten, die Flächenländer nördlich von Baden-Württemberg und Bayern lediglich durch die RWTH Aachen. Bleibt abzuwarten, ob sich diese krasse Schieflage im zweiten Auswahlverfahren ab April 2006 ändern wird -- zumal auch die letztendlichen Verlierer dieses "Halbfinals" dort wieder einsteigen werden.

Nimmt man nun die beiden anderen Förderlinien hinzu, forderte die Kommission insgesamt 36 Universitäten zur Einreichung von Vollanträgen in der zweiten Stufe auf. 39 Anträge wurden für die Förderlinie Graduiertenschulen ausgewählt, 41 weitere für die Förderlinie Exzellenzcluster. (Eine vollständige Liste gibt es hier.) Alle diese Universitäten werden gebeten, bis zum 20. April 2006 die ausformulierten Anträge einzureichen, über die nach weiteren Begutachtungen am 13. Oktober im Bewilligungsausschuss für die Exzellenzinitiative entschieden wird.

Die zweite Auswahlrunde im Programm Exzellenzinitiative beginnt ebenfalls im April 2006 und wird im Oktober 2007 beendet sein. Die gesamte Initiative sieht die Förderung von etwa 40 Graduiertenschulen mit durchschnittlich je einer Million Euro pro Jahr, 30 Exzellenzclustern mit einer Förderung von durchschnittlich je 6,5 Millionen Euro pro Jahr sowie einer noch offenen Zahl von Zukunftskonzepten vor, voraussichtlich etwa zehn. Über jeweils die Hälfte davon wird in der jetzt laufenden ersten Auswahlrunde entschieden. Insgesamt ist das Programm auf eine Dauer von fünf Jahren angelegt und hat ein Volumen von 1,9 Milliarden Euro.

Ralf Neumann



Letzte Änderungen: 22.01.2006